2018.08.15

tools4music.de TESTET 4099 INSTRUMENTEN-MIKROFONE

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Von Frank Pieper, musiccraft24.de
Von Frank Pieper, musiccraft24.de

DPAs d:vote 4099 ist in professionellen Audiogefilden allgegenwertig. Ganz gleich ob für Kontrabass, Violine, Saxofon, Klarinette oder Querflöte, das praktische Clipmikrofon vom dänischen Audiospezialisten Danish Pro Audio hat in den letzten Jahren einen Siegeszug hingelegt. Beschaller wie Broadcaster wissen neben den bestechenden Klangeigenschaften vor allem die stabilen und praxisgerechten Halterungen zu schätzen. Und auch, wenn die eingangs genannten Instrumentalisten beim Gig ein eigenes Mikrofon auspacken und auf dessen Verwendung bestehen, kommt immer öfter ein 4099 zum Vorschein.

Das DPA d:vote CORE 4099 wird in zwei Versionen angeboten. Weil Drums, Perkussion und diverse Blechblasinstrumente im Nahbereich sehr hohe Lautstärken erreichen können, liegt der Grenzschalldruck für die am Sockel gelb gekennzeichnete „Extreme SPL“-Ausführung bei 152 Dezibel SPL. Für andere, weniger laute Instrumente genügt die „Loud SPL“-Version, die bis 142 Dezibel SPL pegelfest ist und eine rote Markierung aufweist. Der Unterschied der neuen CORE-Kapseln im Vergleich zu den Vorgängern liegt in verbesserten, weil geringeren Verzerrungswerten. Die 1 Prozent THD-Grenze, das Erreichen von einem Prozent Klirrfaktor, bei dem Verzerrungen für das menschliche Ohr deutlich hörbar werden, rückt mithilfe der CORE-Technologie bei der Extreme SPL-Ausführung um 14 Dezibel nach oben, was dem Mikrofon eine ebensolche Steigerung des Dynamikumfangs beschert. Bei der Loud SPL-Version beträgt der Gewinn immerhin 8 Dezibel. Hier ist aber zu beachten, dass dieses Modell einen geringeren äquivalenten Rauschpegel von 23 dB(A) auf weist („Extreme SPL“-Version: 28 dB(A)), also weniger Eigenrauschen produziert und daher für leisere Instrumente und deren Aufnahme die bessere Wahl darstellt.

Neben den technischen Verbesserungen tritt die CORE Serie mit überarbeiteter „schnittigerer“ Optik an: Der zylindrische Windschutz, in dessen Mitte die kleine Mikrofonkapsel sitzt, verliert in Einsprechrichtung ein wenig an Durchmesser und läuft dementsprechend spitzer zu als früher. Der Grund für diese Veränderung liegt in der besseren optischen Unterscheidbarkeit zwischen neu und alt, des Weiteren ist der Schaumstoff im Rücken der Supernieren-Kapsel verstärkt, was einen besseren Schutz und eine optimierte Rückdämpfung ermöglichen soll. Zwei Ringe aus Gummi umschließen den Windschutz, die Befestigung an der Halterung übernehmen zwei dort aufvulkanisierte Gummibrücken. Das lässt die gesamte Konstruktion wie eine federnde Mikrofonspinne wirken und dämpft tieffrequente Handling-Geräusche vom Instrument ab. Ein 140 Millimeter langer Schwanenhals schließt sich an. Zum Platzieren des Mikrofons ist dieser leicht anzupassen und verharrt danach exakt in der gewünschten Position, sodass sich die Ausrichtung auch dann nicht verändert, wenn das Mikrofon Fliehkräften ausgesetzt ist, die beispielsweise durch ruckartige Bewegungen von Saxofon oder Trompete entstehen können.

Der Sockel inklusive Microdot-Buchse am unteren Ende des Halses dient der Befestigung am jeweiligen Instrument. Dafür bietet DPA eine ganze Reihe Halterungen an, die alle über die gleiche passende Aufnahme verfügen und zudem kompatibel mit den Vorgängern sind. Hier muss der Sockel eingeschoben und mit einer Überwurfhülse fixiert werden.

Ein wenig Fingerspitzengefühl verlangen die filigranen Microdot-Schraubverbindungen, die DPA aufgrund der miniaturisierten Bauweise zur Signalweiterleitung verwendet. Ähnlich wie bei BNC-Steckern mündet der nnenleiter des dünnen Verbindungskabels auf einem winzigen Dornkontakt, die Masseverbindung wird über die  außenliegende Hülse mit Schraubgewinde hergestellt. Alle Kontakte sind vergoldet. Zum Lieferumfang gehört neben dem passenden Microdot-Kabel ein Adapter in Form eines XLR-Steckers. Dieser dient der Signalaufbereitung und Impedanzwandlung, folglich benötigt die Elektronik im Inneren 48 Volt Phantomspeisung. Bevorzugter Typ bei den Instrumentenclips ist der Adapter DAD-4099, der gegenüber dem Typ DAD-6001 über ein integriertes Low Cut Filter (12 Dezibel/Oktave) verfügt. Beide Adapter sind auch mit Gürtelclip erhältlich.

Für sicheren Transport und Aufbewahrung liefert DPA das d:vote CORE 4099 in einer stabilen aufklappbaren Halbschalenbox. Maximal zwei Mikrofone finden in entsprechenden Clip-Halterungen Platz, zusätzlich lassen sich die nötigen Microdot-Anschlusskabel, die XLRAdapter und die jeweiligen Instrumentenhalter bequem mit unterbringen.  
 

Praxis

Den ersten Live-Test führe ich in einer mir akustisch bestens bekannten Location, der Frankfurter Romanfabrik durch. Der in Jazzkreisen bekannte Pianist Pablo Held ist samt seinem Trio angekündigt und wird den im Haus vorhandenen Yamaha-Flügel spielen. Für dessen PA-Abnahme verwende ich üblicherweise ein Pärchen Neumann-Mikrofone vom Typ KM-184, welches auf einer Stereoschiene montiert ist und mittels Mikrofonstativ circa 30 Zentimeter oberhalb der Saiten in Stellung gebracht wird. Dieser kurze Abstand ist nötig, um das Übersprechen von Schlagzeug und Bass in akzeptablen Grenzen zu halten. Ein Mikrofon richte ich in Richtung Diskant, das andere in Richtung der Basssaiten aus. Weil der Raum – ein hoher Quader mit glatten Wänden und seitlicher Glasfront – akustisch nicht der einfachste ist, muss ich die beiden Mikrofone am EQ „verbiegen“: Bässe und Höhen auf 9 Uhr und die Mitten um 1,6 Kilohertz stark absenken, erst dann klingt der Flügel über die PA wie in natura, nur eben lauter. Als Test-Set hat DPA das Stereo-Kit VO-4099P für Piano mit zwei „Loud SPL“-Mikrofonen zur Verfügung gestellt, dem als Halterungen zwei dreieckige Standfüße mit starken Dauermagneten beiliegen. Somit kann das Mikrofonstativ heute entfallen. Ich setze die Halter direkt auf den Gussrahmen des Flügels, wo sie spürbar kräftig anhaften und die Mikrofone zuverlässig in den ihnen zugewiesenen Positionen halten – ein Mikro in Richtung Diskant und das andere wie gehabt über den Basssaiten. Damit sie die Saiten nicht berühren, fixiere ich die beiden Microdot-Kabel mit etwas Klebeband am Rahmen und verlängere sie mit je drei Metern XLR-Leitung, sodass die Adapter im Flügelkasten liegen bleiben können. Damit hier nichts vibriert und rasselt, ist das Unterlegen von etwas Molton ratsam. Überhaupt rate ich aus Sicherheitsgründen dazu, dünne filigrane Mikrofonkabel immer mit tritt- und zugstabilen XLR-Kabeln zu verlängern und niemals direkt auf die Stagebox oder das Mischpult zu stöpseln.

Als Pablo Held beim Soundcheck dann die ersten Akkorde und Tonfolgen spielt, ist der Klangunterschied frappierend: Mit den beiden d:vote CORE 4099 klingt der Flügel über die PA deutlich transparenter, räumlicher und klanglich ausgeglichener als mit der Neumann Mikrofonierung. Auch die Übersprechungen von Drums und Bass erscheinen mir heute geringer als sonst. Interessanterweise benötigen die beiden DPA-Mikrofone das beschriebene Kanal-EQing ebenfalls, ohne dass der Flügel unnatürlich höhenreich klingt. Die Raumakustik fordert ihren Tribut. Dennoch ist DPA bei diesem Praxisvergleich der klare Sieger – hätte ich die Wahl, kämen hier nur noch die beiden praktischen Clips zum Einsatz. Mittlerweile ist es richtig Sommer geworden und die WM für unsereins früh zu Ende, da ist es nicht weiter verwunderlich, dass zur Offenbacher Open Air-Jazzsession mit dem Christoph Spendel Quartett der Biergarten gut gefüllt ist. Gastsaxofonist Tony Lakatos probiert heute eins der beiden DPA-Clipmikrofone. Das Mikro mache einen guten Job, spreche unheimlich direkt und schnell an. Das sei für ihn, der für gewöhnlich über ein AMT-Mikrofon spielt, etwas ungewohnt, so sein späteres Urteil. Ich am Pult hingegen habe es einfach: Low Cut Filter eingeschaltet und etwas Geschmacks-EQ in Form einer leichten Höhenabsenkung auf den Kanal gelegt, klingt das Saxofon für mich hervorragend transparent und lässt sich prima in den Bandsound einfügen. Auch das zweite DPA-Testmikro soll bei dieser Gelegenheit nicht arbeitslos bleiben. Kurzerhand an die Bass Drum geklammert, nimmt es diese am vorderen geschlossenen Resonanzfell auf und liefert einen schönen runden und tiefen Klang, der keinerlei weitere Bearbeitung benötigt.
 

Finale

Die in Sachen Dynamik deutlich verbesserten Kapseln vereinen hervorragende Übertragungsqualität, Transparenz und Detailtreue und sind aufgrund ihrer durchdachten und sicheren Halterungen auf der Bühne zuverlässig einsetzbar. Für mich gehören sie fraglos zu den besten Clipmikrofonen am Markt. Allerdings sind 1.069 Euro Verkaufspreis für das Piano-Set VO-4099P kein Pappenstiel, die der durchschnittlich betuchte Musiker mal so eben aus der Portokasse finanziert. Letztendlich lohnt sich eine solche Investition, denn bei pfleglicher Behandlung wird der Anwender etliche Jahre von den klanglichen Stärken dieser Mikrofone profitieren. Mehrwert pur also – der hat wie sonst auch im Leben seinen Preis.

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