2022.06.15

GRUNDLAGEN ZUR PHANTOMSPEISUNG

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Alle Kondensatormikrofone benötigen Strom. Die Phantomspeisung ist der wichtigste Standard für professionelle Mikrofone. Hier findest Du Antworten auf über 10 der häufigsten Fragen zur Phantomspeisung und ihrer Verwendung in Mikrofonen.

Was ist Phantomspeisung?

Kurz gesagt: Phantomspeisung ist die Standardmethode für die Stromversorgung professioneller Kondensatormikrofone über den XLR-3-Anschluss und symmetrische Kabel. Pin 2 und Pin 3 des XLR-Steckers führen beide 48±4 Volt DC. Pin 1 ist 0 Volt.

Der Name "Phantomspeisung" bezieht sich auf die "Unsichtbarkeit" beim Anschluss von symmetrischen Mikrofonen, die keine externe Speisung benötigen, wie z. B. dynamische (Moving Coil) Mikrofone. Die Kurzbezeichnung für Phantomspeisung ist P48.


Abbildung 1
 

Warum benötigen Mikrofone Strom?

Nur Mikrofone mit eingebauter Elektronik benötigen Strom. Das sind in erster Linie Kondensatormikrofone. Bestimmte dynamische Mikrofone (Bändchenmikrofone) mit Elektronik benötigen jedoch auch Phantomspeisung.
 

Gibt es einen Standard?

Eine internationale Norm beschreibt die Phantomspeisung, um sicherzustellen, dass die Verbindung über alle Hersteller hinweg wie vorgesehen funktioniert. Die Norm IEC 61938:2018 legt die technischen Spezifikationen fest. Diese Spezifikationen betreffen die Spannung, die Stromaufnahme, die Impedanz usw.


Abbildung 2: IEC Standard 61938:2018
 

Beträgt die Phantomspeisung immer 48 Volt?

Aufgrund der IEC-Norm sollten alle neuen Produkte mit Phantomspeisung (Recordereingänge, Mischpulteingänge, Vorverstärker usw.) 48 Volt liefern. Bisher haben sich einige Entwickler jedoch auch für 12 oder 24 Volt entschieden. Es gibt also Systeme, die weniger als 48 Volt liefern. Es gibt sogar 15-Volt- und 18-Volt-Systeme. Manchmal zeigt ein Gerät nur das Vorhandensein einer anliegenden Phantomspeisung an, nicht aber die Höhe der Spannung.
 

Was geschieht, wenn die Spannung weniger als 48 Volt beträgt?

Die meisten professionellen phantomgespeisten Mikrofone benötigen 48 Volt. (Einige wenige Marken können mit 9-52 Volt arbeiten). Wenn Du ein P48-Mikrofon hast, kann es auch mit einer niedrigeren Spannung funktionieren. Allerdings wird dabei in der Regel die Leistung des Mikrofons beeinträchtigt, der maximale Schalldruckpegel sinkt und die Verzerrung steigt. Wenn die Spannung zu niedrig ist, funktioniert das Mikrofon nicht mehr.
 

Wie viel Strom kann ein Mikrofon ziehen?

Die IEC-Norm legt fest, dass der verfügbare Nennstrom von P48 7 mA beträgt bei einem Maximum von 10 mA.
 

Muss ich die Phatomspeisung abschalten, wenn sie nicht benötigt wird?

Grundsätzlich ist es nicht notwendig, die Phantomspeisung abzuschalten (daher der Name Phantom). Es ist aber auch eine Frage der Ausstattung des Eingangsgerätes. Bei manchen Geräten lässt sich die Phantomspeisung individuell je Kanal schalten. Andere sind mit einem einzigen Schalter ausgestattet, mit dem die Phantomspeisung für alle Kanäle gleichzeitig ein- und ausgeschaltet werden kann.
 

Was ist, wenn mein Gerät keine Phantomspeisung zur Verfügung stellt?

Wenn Du unterwegs bist, hilft ein Netzgerät, das mit Batterien funktioniert, um Phantomspannung bereitszustellen. Im Studio oder auf der Bühne kannst Du ein netzbetriebenes Phantomspeisegerät verwenden.
 

Benötigen auch Miniaturmikrofone Phantomspeisung?

Ja und nein. Die meisten Miniaturmikrofone sind für den Betrieb mit drahtlosen Sendern ausgelegt, die nur eine Spannung von weniger als 10 Volt liefern können. Außerdem sind die Sender nicht mit XLR-Anschlüssen ausgestattet, so dass es nicht möglich ist, P48 bereitzustellen. Es sind jedoch Adapter erhältlich, die P48 in die für den Betrieb des Miniaturmikrofons relevante Spannung umwandeln. DPA-Miniaturmikrofone, die über einen Adapter (DAD6001) angeschlossen werden, arbeiten im Bereich von 12-48 Volt.


Abbildung 3: Adapter für DPA-Miniaturmikrofone 
 

Wie kann sowohl eine AC- als auch eine DC-Spannung übertragen werden?

Eines der cleveren Dinge an P48 ist, dass durch das Kabelschema Gleichstrom zum Mikrofon gelangt. Dieselbe Verkabelung bringt das Signal zurück zum Eingang. Stelle Dir das wie das Meer vor: Wir haben einen Wasserstand (den Gleichstrom) und zusätzlich haben wir Wellen (den Wechselstrom, das Signal). Man kann also sagen, dass sich der Gleichstrom, moduliert durch den Wechselstrom, nach oben oder unten bewegt.


Abbildung 4: Grundlegende Schaltung der Phantomspeisung
 

Kann Phantomspeisung auch etwas anderes als Mikrofone betreiben?

P48 kann auch andere Geräte abseits von Mikrofonen versorgen, wie bspw. Leitungstreiber. Er wird manchmal für die Stromversorgung von Arbeitsscheinwerfern verwendet.
 

Wann wurde die Phantomspeisung erfunden?

Die Phantomspeisung wurde 1966 von Neumann im Zusammenhang mit einer Sonderlieferung an den NRK (Norwegischer Rundfunk) erfunden, wo 48 Volt für eine Beleuchtungsanlage zur Verfügung standen. Die erste Norm war DIN 45 596 (inzwischen ersetzt durch IEC 61938:2018).
 

Kann Phantomspeisung ein Mikrofon auch beschädigen?

Wenn ein unsymmetrisches und empfindliches Mikrofon - z. B. ein Bändchenmikrofon - angeschlossen wird, kann es beschädigt werden. Schließe daher niemals unsymmetrische Mikrofone oder Kabel an phantomgespeiste Eingänge an.
 

Wie kann man die Phantomspeisung prüfen?

Die Phantomspeisung lässt sich am einfachsten mit einem Spannungsmessgerät überprüfen. Eine Prüfspitze an Pin 1 und die andere an Pin 2 oder Pin 3. In beiden Fällen sollten 48 Volt DC (und 0 Volt AC) angezeigt werden. Zwischen Pin 2 und 3 sollte es 0 Volt anzeigen.

Ein Signalgenerator wie der MR Pro Minirator von NTI-Audio zeigt an, ob der Ausgang in einen P48-Eingang (d. h. einen Mikrofoneingang) "hineinschaut". Außerdem gibt es verschiedene "Gadgets" oder Werkzeuge, wie den Canford P48-Check Phantom Power Tester.


Abbildung 5: Canford P48-Check Tester für Phantomspeisung
 

Hat die P48-Schaltung einen Einfluss auf die Eingangsimpedanz?

Jeder Eingang hat eine Eingangsimpedanz. Als Faustregel gilt, dass die Last (Eingangsimpedanz) 5-10 mal höher sein sollte als die Quellenimpedanz. Bei einem Mikrofon mit einer Ausgangsimpedanz von 100 Ω sollte die Last beispielsweise mindestens 500-1000 Ω betragen. Bei einem phantomgespeisten Eingang, dessen Eingangsimpedanz 3,4 kΩ beträgt, ist dies kein Problem. Ein dynamisches Mikrofon mit einer nichtlinearen Ausgangsimpedanz (z. B. eine Spule) bevorzugt jedoch in der Regel eine viel höhere Eingangsimpedanz. Daher ist eine besonders hohe ohmsche Impedanz für dynamische Mikrofone eine gute Idee.
 

Wie viel Stromverbrauch kann man von einem Mikrofon erwarten?

Die Mikrofonkonstruktion bestimmt die Stromaufnahme. Hier sind einige typische Werte:
 
Mikrofon Spezifizierte Spannung (Volt) Stromaufnahme (mA)
DPA 2006A 48 2.8
DPA 2006C 48 2.8
DPA 4006A 48 2.8
DPA 4006C 48 2.8
DPA 4006ES 48 3.5
DPA 4017B 48 4.5
DPA 4017C 48 2.8
DPA 4017ER/ES 48 3.5
DPA 4041-SP 48 2.2
DPA 4060 + DAD 6001 12-48 3.5
Verschiedene Hersteller -
Angaben vom Datenblatt
   
AKG C414 XLS 48 4.5
AKG C451B 9-52 2
AKG P170 48 3
Audio-Technica AT2020 48 2
Audio-Technica ATM350U 11-52 3.5
Audio-Technica AE3300 11-52 3
Crown (AKG) PCC-160 12-48 n/a
Crown (AKG) PZM30D 12-48 n/a
Earthworks SR40V 24-48 10.0
Earthworks SR314 24-48 10.0
Earthworks M23 24-48 10.0
Neumann U87 48 0.8
Neumann KM100 48 2.0
Neumann KSM105 48 3.5
Schoeps CCM2 12
48
3.6
4.0
Schoeps CMIT 5 48 4.4
Schoeps V4 48 3.3
Sennheiser MKH40 48 2.0
Sennheiser MKH416 48 2.0
Sennheiser MKH 8040 48 3.3
Shure KSM9 48 5.2
Shure KSM44A 11-52 5.8
Shure SM-81 11-52 1.2

 

Quellen

Benjamin et al – Performance of the Microphone-Preamp Interface. AES Convention e-Brief 176. October 2014.
Bortoni, Rosalfonso; Kirkwood, Wayne: The 48 Volt Phantom Menace Returns. AES Convention Paper 7909. October 2009.
Brixen & Voetmann: Electroacústica Práctica. ISBN 978-84-7360-625-7, 2018.
Chalupa, Rudolf: A Novel Topology for a DC-Coupled Phantom-Powered Preamplifier. AES Convention Paper 2820. October 1989.
DIN 45596 German Language – Microphones; Phantom Powering
Gaskell, Robert-Eric: Capacitor "Sound" in Microphone Preamplifier DC Blocking and HPF Applications: Comparing Measurements to Listening Test. AES Convention Paper 8350. May 2011.
Green, Steve: Microphone Preamplifier Design. Proceedings of the UK 24th AES Conference. June 2011.
Groner, Samuel: Reducing Transformerless Microphone Preamplifier Noise at Low Gain Settings. JAES Vol 63 Issue 2 pp 184-190. March 2015.
IEC 61938:2018 Multimedia systems – Guide to the recommended characteristics of analogue interfaces to achieve interoperability.
Josephson, David L: Nonlinearities in Condenser Microphone Electronics; Design Considerations for New Solid-State Microphones. AES Convention Paper 2983. September 1990.
Kist, Joost; Foley, Dan: Improving Audio Performance of Microphones Using a Novel Approach to Generating 48 Volt Phantom Powering. AES Convention Paper 10095. October 2018.
Peus, Stephan; Kern, Otmar: A Method of Remote-Controlling the Polar Pattern of a Condenser Microphone with Standard Phantom Powering. AES Convention Pater 3592. March 1993.
Thomas, Frank; Hebert Gary: The 48-Volt Phantom Menace. AES Convention Paper 5335. May 2001.
Wuttke, Jörg: The Analog Microphone Interface and Its History. AES Convention Paper 7733. May 2009.
Wuttke, Jörg: The feeble phantom. Microphone Data Ltd 2010.
Wuttke, Jörg: The pathetic phantom. Resolution, pp 56-58. Jan/Feb 2003.
Zaim, Mark: Phantom Powering the Modern Condenser Microphone Part II: The Effect of Load on Microphone Performance. AES Convention e-Brief. October 2011.
Zaim, Mark; Kikutani, Tadashi; Green, Jackie: Phantom Powering the Modern Condenser Microphone: A Practical Look at Conditions for Optimized Performance. AES Convention Paper 7594. October 2008

 

 

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